Henning Klingemann und Bläserphilharmonie bilden das perfekte Team

Bericht und Fotos von Katja Hormann

Gerade einmal zehn Monate sind vergangen seit dem letzten Projektkonzert der Bläserphilharmonie Hildesheim (BPH) im Stadttheater Hildesheim. Diese Zeit haben die rund 70 Musikerinnen und Musiker gut genutzt und ein neues, anspruchsvolles Programm erarbeitet – denn um gemeinsam so exakt zu spielen, wie man es von der Bläserphilharmonie gewohnt ist, bedarf es einiger Übungsstunden. Gute Vorbereitung ist jedoch nur die halbe Miete – eine angemessene Bühne trägt ebenso zum Gelingen eines Konzertes bei. Und welche Räumlichkeiten könnten im Raum Hildesheim besser geeignet sein als das Stadttheater, Heimat der darstellenden und musizierenden Ensembles des Theater für Niedersachsen. Zieht man den Vergleich zu vergangenen Auftrittsorten des BPH oder anderer sinfonischer Blasorchester des Landkreises, lässt sich ohne Zweifel feststellen, dass die symphonische Blasmusik der BPH erst in einem Theatersaal richtig zur Geltung kommt. Räumliche Veränderungen würden den Genuss nur schmälern.

Die BPH begeistert mit sinfonischer Blasmusik auf höchstem Niveau

Optimal waren die akustischen Gegebenheiten deshalb auch in diesem Jahr wieder, gut gefüllt der Zuschauerraum. Nicht nur die Musik war gut vorbereitet worden: Die Moderationen übernahmen diesmal Dirigent Henning Klingemann und einige der Musizierenden, bezogen sich teils auf die Gestaltung der Werke und ordneten sie in einen historischen oder musikalischen Kontext ein. Diese Informationen hätte es oft jedoch gar nicht gebraucht, sprach die exzellent komponierte und gleichermaßen vorgetragene Musik doch für sich. So erschienen die grünen schottischen Hügellandschaften, Grundlage der dreisätzigen „Suite from Hymn of Highlands“, bildlich vor dem geistigen Auge. Grund dafür dürfte wohl die mit Schottland verbundene, jedoch von Deutschen geschriebene Melodie „Highland Cathedral“ gewesen sein, die sich wie ein roter Faden durch das Stück zog. Spätestens hier zeigte sich: Klingemanns Dirigat ließ keine Fragen offen.

Vielleicht war genau das einer der Gründe, die das Orchester dazu bewegten, Klingemann nach anfänglichen Dirigentenwechseln fest anzustellen. Denn das musikalische Ergebnis hängt neben ausreichend Vorbereitung und dem Konzertsaal auch von der Kommunikationsfähigkeit zwischen Dirigent und Musizierenden ab. An vielen Stellen konnte man den Eindruck haben, musikalischer Leiter und Orchester verstehen sich blind. Harmonisch fügten sich die Musikstücke aneinander – zahlreiche Solostellen bildeten das i-Tüpfelchen, gingen, wie beispielsweise das Saxophontrio im zweiten Satz der Suite, sanft in den Gesamtklang über. Im dritten Satz forderten schnelle Tonwiederholungen in den Trompeten und Läufe im Holzsatz den Musikerinnen und Musikern einiges ab. Diese Hürden meisterten sie jedoch mit Bravour – Schnelligkeit zählt eben zu den Stärken der BPH.

Auch Dirigent Henning Klingemann steuert eine Moderation bei
Haben bei ihrer Moderation die Lacher auf ihrer Seite: Posaunistin Lysann Schnurr und Saxophonist Malte Schnurr

Einziges Manko war die teils fragile Intonation, waren den ganzen Abend über im hohen Holz und in den Trompeten leichte Schwebungen wahrnehmbar, wohl zurückzuführen auf die stets wechselnde Besetzung: Treue Fans der BPH entdeckten auch in diesem Jahr auf der Bühne neben vielen bekannten auch einige neue Gesichter. Mit selbstbewusstem mehrstimmigem Gesang der Volksweise „Shenandoah“ zu Beginn des gleichnamigen Stückes machten sie alles jedoch wieder wett: Einen Moment lang vergaß man, dass man ein Orchester vor sich hatte und keinen Chor.

Gesang spielt beim diesjährigen Konzert eine zentrale Roll: Gleich an mehreren Stellen wird gesungen

Spricht man bei den Facetten der Musik von Farben, setzten die Musizierenden Farbakzente nicht nur mit ihrer überwiegend in Schwarz gehaltenen Kleidung, sondern auch musikalisch: Hier ein schepperndes Tam-Tam, dort eine Piccoloflöte, die sich gegen das gesamte Ensemble durchsetzen konnte, und helle Sopran- und Sopraninosaxophonklänge, die man in den meisten Blasorchestern vergeblich sucht. Bei der BPH handelt es sich eben nicht um ein herkömmliches Blasorchester, sondern um eine Philharmonie mit dem Schwerpunkt auf sinfonischer Blasmusik, die Rock, Pop und Folklore genauso beherrscht. Gesang scheint mehr und mehr zu einer festen Komponente des Programms zu werden: So fanden sich die Zuschauenden, bei „Shenandoah“ noch frontal angesungen, urplötzlich in einer vokalen Klangwolke wieder – eben Gesang im Surround-Sound, zu dem das Orchester selbst animiert hatte. Um zwei Zugaben kam die BPH nicht herum, hatte das Publikum mit lautstarkem Beifall förmlich darum gebeten. Am Ende standen nicht nur die Musizierenden, sondern auch ihr Publikum – einzige logische Schlussfolgerung des gelungenen Konzertabends waren stehende Ovationen, Lob und Dank für eine erstklassige Leistung.

Glückliche Gesichter: Die Musikerinnen und Musiker freuen sich über ein gelungenes Konzert und das begeisterte Publikum
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