Ein Erfahrungsbericht von Dagmar Mohr
Als mein Verein vor gut fünf Jahren die Umwandlung vom Spielmannszug zum Blasorchester begonnen hat – wir heißen heute Turnermusikverein Groß Düngen – habe ich die Querflöte beiseite gelegt und begonnen, Tuba zu spielen. Seit dieser Zeit nehme ich Tubaunterricht an der Musikschule Hildesheim bei meinem Lehrer Volkmar Dietrich. Der Unterricht hat mir große Fortschritte und viel Freude gebracht. Nach der Stunde gehe ich meistens ganz beschwingt nach Hause.
Und jetzt kommt dieser blöde Virus!!
Das Konzert des Sinfonischen Blasorchesters der Musikschule und des Vororchesters, in dem ich mitspiele, musste abgesagt werden. Die Schließung der Musikschule wurde von Amts wegen verfügt. Mein Verein stellte seinen Probenbetrieb ein und sagte Lehrgänge und Auftritte ab. Nur noch alleine üben ist doch sehr trübselig…
In den Osterferien kam dann eine Mail von der Musikschule, ob ich mit Online-Musikunterricht einverstanden wäre. Aber und wie!! Telefonisch haben Volkmar Dietrich und ich besprochen, wie wir die technischen Voraussetzungen schaffen können. Ein passendes Programm für Videokonferenzen wurde ausgewählt und getestet. Erster Erfolg: Wir können uns sehen und unterhalten. Allerdings zeitlich versetzt, und die Töne kommen früher an als das Bild. Damit muss man wohl leben. Duette können wir so allerdings nicht spielen.
Das nächste Problem war meine Hardware: WLAN zu langsam, Notebook zu alt (Fehlermeldung: „die Systemressourcen sind nicht ausreichend…“), die Übertragungsqualität des Tubaspiels war nicht akzeptabel. Zunächst wurden 20 Meter Netzwerkkabel online bestellt, die Geschäfte hatten ja geschlossen. Das sollte bis zu meinem Tubaübeplatz reichen. Anschließend hat mein Familienrat beschlossen, dass ich ein neues Notebook kaufen darf.
Dennoch haperte es weiterhin an der Tonübertragung. Was ich spielte, war bei Volkmar Dietrich zu Beginn gut zu hören, aber dann wurde der Ton immer leiser. Das hat offenbar mit den Eigenschaften der Tubatöne zu tun. Die Technik ist klug und versucht eigenmächtig, den Klang zu „verbessern“. Zur Lösung haben schließlich zwei Häkchen in den Programmoptionen und ein von meinem Sohn geliehenes externes Mikrofon beigetragen, das drei Meter von der Tuba entfernt aufgebaut wird.
In der letzten Woche fand meine erste richtige Online-Unterrichtsstunde statt. Durch den direkten Austausch war es fast wie live in der Musikschule! Bei den Einspielübungen, technischen Übungen und der Arbeit an den aktuellen Stücken war ich offenbar gut zu hören und zu sehen. Ebenso konnte ich gut hören, was Volkmar mir vorgespielt hat. Er hat mir wie gewohnt Verbesserungen vorgeschlagen und mich wo nötig korrigiert, und im Verlauf des Unterrichts habe ich beinahe vergessen, dass er nicht physisch neben mir saß. Ich habe Aufgaben bekommen und freue mich sehr auf die nächste Stunde.
Dank Online-Unterricht gibt es keinen musikalischen Stillstand, und durch das direkte Gespräch mit meinem Lehrer fühle ich mich weniger isoliert. Natürlich ist der Online-Unterricht nur eine Notlösung. Es ist viel einfacher, gemeinsam auf ein Notenblatt zu sehen, wenn wir ein Stück besprechen, und schwierige Stellen gemeinsam zu spielen. Mein Lehrer kann meine Atmung schlecht beobachten, und eventuell verschluckt das Internet auch mal Pfusch von mir, der dann unkorrigiert bleibt. Aber so kann ich es eine Weile aushalten, bis das ganze Angebot der Musikschule wieder verfügbar ist und in meinem Verein wieder Proben stattfinden.