Bläserphilharmonie begeistert Alfelder Publikum

Bericht und Fotos: Thomas Jäger

Bereits vor einigen Jahren ging aus dem Hildesheimer Kreisverbandsorchester die Bläserphilharmonie Hildesheim (BPH) hervor. Ein Projektorchester, das auf hohem musikalischen Niveau jeweils zu Jahresbeginn an wenigen Probenwochenenden anspruchsvolle sinfonische Blasmusik erarbeitet und in einem Abschlusskonzert der Öffentlichkeit präsentiert. Das in allen Registern mit motivierten und fortgeschrittenen Musikern und Musikerinnen aus dem Großraum Hildesheim bestens besetzte Blasorchester wird seit 2022 von Henning Klingemann geleitet, nachdem zuvor mit wechselnden Dirigenten gearbeitet wurde.

Nun also wurde am ohnehin schon spannenden Tag der Bundestagswahl das Ergebnis der diesjährigen intensiven Probenphase im gut besuchten Konzertsaal des Gymnasiums Alfeld vorgestellt. Bei den vorgetragenen Werken handelte es sich mit nur wenigen Ausnahmen ausschließlich um Originalkompositionen für sinfonische Blasorchester und sogar eine Uraufführung war dabei – einfache Walzer, Märsche und Polkas lagen bei der BPH nicht auf dem Notenpult, aber das entspräche auch nicht der Erwartungshaltung an ein philharmonisches Blasorchester.

Los ging es mit Melodien der amerikanischen Komponistin Carol Brittin Chambers, mit denen das Publikum in die Schönheit Norwegens entführt wurde – und schön ging es auch weiter. Die folgende ca. 16 minütige, zweisätzige Sinfonie “Give us this day“ des ebenfalls aus Amerika stammenden und hierzulande eher unbekannten Komponisten David Maslanka beeindruckte in dem langsamen Anfangssatz durch triadische Beschwörungsharmonien, wurde im zweiten Satz mit einem treibenden Allegro schwungvoll weitergeführt und endete in der Coda mit einem langsamen, stürmischen Choral. Fein differenzierte dynamische Abstufungen und die durch Klavier und zahlreiche Percussion-Instrumente wie etwa Handglocken erweiterten Klangfacetten des Blasorchesters machten die Darbietung zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis. Schon bei diesem Werk wurde, was Stückauswahl, Schwierigkeitsgrad und Besetzung betrifft, deutlich, dass der Name „Bläserphilharmonie“ zu Recht gewählt wurde und das Projektorchester in der Blasmusiklandschaft des Landkreises tatsächlich eine Ausnahmestellung einnimmt.

Angekommen im Reich der Sagen und Mythen hüpften in dem von Henning Klingemann transkribierten „Trolltog“ des norwegischen Komponisten Edward Grieg die Trolle vor dem geistigen Auge über die Bühne, zunächst aus der Ferne, in der Wiederholung ganz nah, um sich anschließend ein wenig auszuruhen. Franziska Kropp, eigentlich Oboistin in der BPH aber dieses Mal aus gesundheitlichen Gründen nicht auf der Bühne, führte kurzweilig durch das Konzert und kündigte nach den Zwergen nun die besagte Uraufführung einer „Hexennacht“ im Harz an. Sie begrüßte dazu den aus Hildesheim stammenden Komponisten Marcus Müller, der dem Publikum Entstehung und Besonderheiten seines Werkes erläuterte. Es schildert in verschiedenen Szenen die Legenden des Harzes und der Walpurgisnacht in dunklen Klangfarben, spannenden Rhythmen, überraschenden musikalischen Wendungen auch unter Verwendung besonderer Effekte, wie beispielsweise der Wirbel eines auf das Fell einer Kesselpauke gelegten Beckens oder einer ‚Peitsche‘.

Auch der zweite Konzertteil verlangte den rund 70 Musikerinnen und Musikern einiges ab, beginnend mit einer fulminanten Tour de Force durch die Klänge des Mittleren Ostens der Vereinigten Staaten in einer Komposition von Samuel Hazo. Nach einer von Dana Dietrich betörend zart schmelzend vorgetragenen Flötencadenz kamen bei anschließendem kraftvollen Ensembleklang, feurigen Rhythmen und frenetischem Schlagzeug die verschiedenen Register der BPH in diesem technisch höchst anspruchsvollen Stück „Arabesque“ in ihrer gesamten Bandbreite voll zur Geltung. Ähnlich bei Eric Whitacres „October“, mit dem wieder etwas Ruhe einkehrte und frische Herbstluft, feine Lichtspiegelungen, sentimentale Atmosphäre klangtechnisch transparent dargeboten durch den Alfelder Konzertsaal waberten. In „Excalibur“ ließen die Musiker die sagenhaften Geschichten um König Artus, Merlin und die Ritter der Tafelrunde lebendig werden und anschließend die Titanic in einem dramatisch und zugleich gefühlvoll arrangierten Medley von Takashi Hoshide – hier seien besonders das Hornsolo und die solistisch dreistimmige Flötenpassage erwähnt – untergehen.

Zum Konzertabschluss kamen die Trolle noch einmal zurück („Troll Dance“) und dabei wurde nicht nur die instrumentale Spielfreude der BPH einmal mehr unter Beweis gestellt, sondern diese zusätzlich mit individuellen Sprachrhythmen aller Musiker auch vokal in Szene gesetzt – kraftvoll unterstützt durch das Alfelder Publikum.

Riesiger Applaus und Standing Ovations waren der Lohn für diesen mitreißend intensiven Konzertnachmittag und natürlich war klar, dass hier die Musiker nicht ohne Zugabe („Earth, Wind & Fire“) von der Bühne gehen durften.

Mag die Entscheidung für das richtige Kreuz bei der Bundestagswahl manchem schwergefallen sein, die Entscheidung für den Konzertbesuch der BPH in Alfeld war jedenfalls goldrichtig.

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